Traumjob Ganztagsbetreuung

05.11.2018 | Bad Neustadt
Klaus Hentzschel zaubert im Rhön-Gymnasium Bad Neustadt.

Im Rhön-Gymnasium Bad Neustadt können Kinder am Nachmittag eine Menge erleben. „Wir bieten 20 verschiedene Arbeitsgruppen an“, sagt Manfred Werner von der Offenen Ganztagsschule (OGS). 90 Kinder werden seit September vom OGS-Team betreut. Das bedeutet eine sensationelle Verdoppelung im Vergleich zum vergangenen Schuljahr. Der Erfolg kommt nicht von ungefähr: Das vom Kolping-Bildungszentrum Schweinfurt organisierte Ganztagsangebot steht für hohe Qualität.

Das Rhön-Gymnasium ist keine Ausnahme. Überall in Mainfranken strömen den OGS-Mitarbeitern von Kolping die Kinder zu. Dabei ist das Angebot vergleichsweise jung: Erst seit zehn Jahren „macht“ Kolping Schule. Am Anfang stand laut Geschäftsführer Christian Seufert die Kooperation mit der Wilhelm-Sattler-Realschule in Schweinfurt. Jedes Jahr kamen weitere Grund-, Real- und Mittelschulen sowie Gymnasien hinzu. Aktuell betreuen 88 qualifizierte Männer und Frauen jeden Tag rund 1.500 Kinder und Jugendliche in 61 Gruppen an 25 Standorten, hieß es bei der Feier zum zehnjährigen OGS-Jubiläum am Freitag in Schweinfurt.

Manfred Werner ist seit mehr als drei Jahren dabei. Der 68-Jährige unterrichtete bis zu seiner Rente in einer Förderschule. Als er davon hörte, dass Kolping mithilft, den Gedanken „Ganztag“ in der Region zu verwirklichen, war er gleich begeistert. Besonders attraktiv an seinem neuen Teilzeitjob findet der junge Senior, dass jeder Betreuer seine eigenen Interessen und Stärken einbringen kann. Werner zum Beispiel liebt Märchen. Wer nun denkt, mit Märchen könnte man keine Kinder mehr hinterm Ofen hervorlocken, irrt sich. In die Märchen-AG des Rentners kommen die Jungen und Mädchen sehr gern: „Sie lauschen selbst Klassikern wie ‚Hänsel und Gretel’ gebannt.“

Auch Klaus Hentzschel gehört dem OGS-Team in Bad Neustadt an. Er ist ein Jahr älter als sein Kollege Manfred Werner und wie dieser Lehrer: „Ich habe in einer Hauptschule unterrichtet.“ Dass er nun nicht länger „Pauker“ ist, sondern den Gymnasiasten am Nachmittag spannende Möglichkeiten der Freizeitgestaltung nähgerbringen kann, beglückt auch ihn. Während Manfred Werner Märchen vorliest oder den Kindern zeigt, wie Autogenes Training funktioniert, zaubert Hentzschel nach den Hausaufgaben mit seinen AG-Teilnehmern oder erklärt ihnen in der Holzwerkstatt, wie man mit der Laubsäge umgeht.

In Bad Brückenau ist Tanja Nickola-Spahn für die Ganztagsschule verantwortlich. Rund 90 Kinder aus der Grundschule sowie aus dem Schulzentrum nehmen in fünf Gruppen teil. Ständig gibt es neue Angebote für die freie Zeit nach den Hausaufgaben. Danach muss Nickola-Spahn auch gar nicht lange suchen. Viele Menschen sind interessiert daran, mit der OGS zu kooperieren. So wurde die OGS-Leiterin unlängst von einer Jazztanzlehrerin aus Bad Brückenau kontaktiert: „Sie erzählte, dass es ihr als Jugendliche sehr gut getan hat, zu tanzen, sie hat darin Halt gefunden.“ Nun möchte sie den Mädchen aus dem Schulzentrum die Chance bieten, Ähnliches zu erleben.

Auch mit der kommunalen Jugendarbeit wird aktuell eine Kooperation angebahnt. Schließlich soll es ja nicht so sein, dass Kinder und Jugendliche ihre Freizeit ausschließlich in der Schule verbringen. „Wir überlegen neue Wege, wie wir gemeinsam das Interesse an der Jugendarbeit wecken könnten“, so Nickola-Spahn.

An der Realschule Karlstadt ist Michaela Langhirt für die Offene Ganztagsschule verantwortlich. Zu den Highlights eines jeden OGS-Jahres gehört hier der Besuch der Tafel. Fünftklässler dürfen an einem Nachmittag Anfang Dezember hinter die Kulissen der Einrichtung blicken. Woher bekommt die Tafel ihre Lebensmittel? Wer darf im Tafel-Laden einkaufen? Was gibt es dort eigentlich alles? Alle diese Fragen werden bei der Führung beantwortet.

In der Bastel-AG gestalten Schüler, die darauf Lust haben, Weihnachtskarten für Tafel-Kunden. Technikfreak haben Gelegenheit, mit einem Betreuer, der früher einmal im Büromanagement tätig war, Roboter zu bauen und zu programmieren. Langhirt kocht und backt jede Woche mit den Schülern. Das liegt nahe: „Ich bin gelernte Hauswirtschaftsmeisterin.“ Dass sie das, was sie kann und mag, in die OGS einbringen kann, macht Langhirt glücklich: „Ich habe bei Kolping meinen Traumjob gefunden.“

Pat Christ
Manfred Werner entführt die Schülerinnen und Schüler ins Märchenreich.
Tanja Nickola-Spahn ist immer auf der Suche nach neuen, spannenden Angeboten für die Ganztagsbetreuung in Bad Brückenau.
Michaela Langhirt (rechts) und ihre Kollegin Petra Fretschner bringen den Schülerinnen und Schülern in Karlstadt auch soziales Engagement nahe.
Georg Harbauer ist Rektor der Wilhelm-Sattler-Realschule Schweinfurt. Hier startete vor zehn Jahren das Kolping-Bildungszentrum mit seinem Ganztagsangebot.