Schutzmasken für die Kollegen

27.03.2020 | Haßfurt

In der Kreativ-Werkstatt Haßfurt stehen die Nähmaschinen dicht an dicht. Im Normalbetrieb werkeln hier bis zu acht Teilnehmerinnen des Projektes TeamArbeit an den unterschiedlichsten Produkten – und erfahren in diesem Zuge Selbstwirksamkeit und soziale Anerkennung. Aspekte, die ihnen aufgrund langer Phasen ohne festen Arbeitsplatz oft fehlten.

Doch in Corona-Zeiten ist alles anders. Um ihre Gesundheit zu schützen, bleiben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zuhause. Jetzt sind nur noch die Job-Coaches Ivonne Vicari und Stefanie Mößlein vor Ort. Die Nähmaschinen stehen dennoch nicht still. Die beiden Frauen nähen im Akkord: Atemschutzmasken.

Eine Idee im Familienkreis weitet sich aus

„Am Anfang habe ich privat, für meine Familie, die Atemschutzmasken genäht“, erzählt Ivonne Vicari. Sie ist passionierte Hobby-Näherin, hat VHS-Kurse zu dem Thema besucht und auch innerhalb des Projektes TeamArbeit, in dem auch eine ausgebildete Schneiderin beschäftigt ist, immer mehr dazu gelernt. „Und dann hat Frau Schwarz wegen Münnerstadt angefragt...“

Daniela Schwarz ist die Stellvertretende Pädagogische Leitung des Kolping-Bildungszentrums. Sie hatte tagelang erfolglos versucht, Schutzkleidung für die Mitarbeiter im Jugendwohnen Münnerstadt zu besorgen. Dort werden unbegleitete minderjährige Ausländer rund um die Uhr heilpädagogisch betreut. „Als Ivonne Vicari dann beiläufig in einem Gespräch von den Schutzmasken erzählte, kam mir gleich Münnerstadt in den Sinn“, berichtet sie. „Zum Glück waren die Haßfurter auch gleich bereit, hier auszuhelfen und Schutzmasken für die Jugendwohnheims-Kollegen zu nähen.“ Die Masken sind zwar kein Medizinprodukt, sollen aber das Infektionsrisiko der Kontaktpersonen eines Trägers mindern.

40 Masken pro Tag

Von diesem Gespräch bis zum ersten Masken-Prototyp dauerte es nur wenige Stunden. „Am Anfang lief es etwas schleppend, weil wir noch viel ausprobiert haben“, erinnert sich Ivonne Vicari, „wie groß die Stoffbahnen sein müssen, wie viele Lagen Flies wir nehmen und so weiter. Wir haben uns so die Anleitung selber gebastelt.“ Das Polyestervlies lag glücklicherweise schon vor. Eine Firmenspende.

Inzwischen haben Ivonne Vicari und Stefanie Mößlein Routine entwickelt. 40 Masken fertigen sie pro Tag. Die Arbeitsschritte sind genau aufgeteilt. Und obwohl Job-Coach Stefanie Mößlein bisher nur über Grundkenntnisse verfügt, näht auch sie inzwischen eine Stoffbahn nach der anderen zusammen. „Ich hatte gleich Lust, hier etwas neues auszuprobieren“, so die studierte Sozialarbeiterin. Eigentlich kam sie in das Projekt, um die Teilnehmenden sozialpädagogisch zu betreuen, mit ihnen Bewerbungstraining durchzuführen und sie auf dem Weg in den Arbeitsmarkt zu begleiten.

Vom Büro an die Nähmaschine und wieder zurück

Ganz ist die Arbeit mit den Teilnehmenden aber noch nicht zum Erliegen gekommen. Telefonisch halten Ivonne Vicari und Stefanie Mößlein die Menschen auf dem Laufenden, wie und wann es mit der Maßnahme voraussichtlich weitergeht. Auch für deren Sorgen und Probleme haben sie weiterhin ein offenes Ohr. Zudem befinden sie sich gerade in der Phase der Übergabe. Stefanie Mößlein hat erst Mitte März ihre Stelle angetreten, wird die Projektverantwortung von Ivonne Vicari übernehmen. Doch zwischen all der Büro-Arbeit gibt es jetzt eben immer wieder Näh-Einheiten.

Ein erster Zehner-Pack an Schutzmasken wurde inzwischen an die Kollegen aus dem Jugendwohnen in Münnerstadt geschickt. Weitere 20 wird Daniela Schwarz bei Bedarf an Mitarbeitende im Unternehmen verteilen. Und es geht weiter: Ivonne Vicari und Stefanie Mößlein haben eine Besucherschleuse eingerichtet. Hierdurch werden, bis zum Beginn der Maßnahmeferien am 1.4.2020, ohne direkten Kontakt die Schutzmasken an interessierte Kunden verkauft.

 

 

 

 

Stefanie Nowak