Lernt, Fragen zu stellen

30.11.2018 | Schweinfurt
Karin Schmutzler doziert nicht nur über die direkte, zugewandte Kontaktaufnahme zu einem Gegenüber – sie lebt diese auch vor.

Rund 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten aktuell für das Kolping-Bildungszentrum in der Ganztagsbetreuung. An 25 Standorten, für 1500 Schülerinnen und Schüler. Damit auch in Zukunft überall eine hohe Betreuungsqualität gewährleistet ist, bietet das Kolping-Bildungszentrum jetzt eine Weiterbildung zum „Koordinator in offenen Ganztagsangeboten“ an.

Die Qualifikationen und Qualitäten, die die Kolleginnen und Kollegen in der Ganztagsbetreuung an Schulen einbringen, sind sehr breit gefächert: Ausbildung zum Mediendesigner, zur Rechtsanwaltsfachangestellten, zur Kinderkrankenschwester; Studienabschluss  als Lehrer, als Sportwissenschaftler oder als Ethnologe; ein Faible für Meeresaquaristik, für Handarbeit, für Tiertherapie. Was aber alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eint, ist der Spaß am Umgang mit Kindern. Außerdem verfügen Sie über großes pädagogisches Geschick und ein gutes Gespür für die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler.

An jeder Schule arbeitet eine „Leitung vor Ort“. An diese Fachkraft werden nicht nur inhaltlich besondere Anforderungen gestellt – Organisation des gesamten Ablaufs,  Kommunikation mit Schule und Eltern – sondern auch formal. Gemäß den Leitlinien des bayerischen Kultusministeriums soll die Leitung vor Ort über eine pädagogische Ausbildung oder einen einschlägigen Studienabschluss verfügen. Sonst muss für jedes Schuljahr eine neue Ausnahmegenehmigung beantragt und ausführlich begründet werden.

„Wir haben einige Kolleginnen an den Schulen, die seit Jahren einen tollen Job machen. Sie haben nur eben keine Formalqualifikation“, berichtet Elisabeth Scheller, die Pädagogische Leitung des Kolping-Bildungszentrums. „Deshalb freuen wir uns sehr, dass wir jetzt die Fortbildung zum ‚Koordinator in offenen Ganztagsangeboten‘ anbieten können. Das gibt den Kolleginnen und uns Planungssicherheit.“

Die kurze Zeit effektiv nutzen

Für die Teilnehmerinnen, zehn Frauen die bereits bis zu neun Jahre bei Kolping beschäftigt sind, stehen bei der berufsbegleitenden Weiterbildung mehr die inhaltlichen Fragen im Vordergund. Tanja Nickola-Spahn – ausgebildete Buchhändlerin, Studentin der sozialen Arbeit und Leitung vor Ort in Bad Brückenau  – erhofft sich möglichst viel ganztagsspezifischen Input. „Wir haben in der Mittagszeit nur so einen kurzen Moment mit den Schülern, in den alles hineingepresst wird: Essen, Gespräche, Hausaufgaben, Freizeit. Diese Zeit möchte ich so effektiv wie möglich gestalten.“

Ihre Kollegin Nadja Planer hat bereits als Nachhilfelehrerin viel Erfahrung in der Vermittlung schulischen Wissens gesammelt: „Wenn einer das Rückwärts-Zählen überhaupt nicht verstanden hat, habe ich ihn rückwärts laufen lassen. Auf einmal ging es“, erinnert sie sich. Trotz dieser Vorerfahrung ist die Gestaltung der Hausaufgabenzeit auch für Nadja Planer immer wieder eine Herausforderung, für die sie sich nun neue Impulse erhofft. Weitere Wichtige Themen sind für die gelernte Diplomkauffrau rechtliche Fragen, die Freizeitgestaltung sowie Wertevermittlung und Erziehung zur Selbstständigkeit.

120 Stunden Unterricht, Heimstudien, Kolloquium

In insgesamt 120 Stunden, verteilt auf zehn Unterrichtstage, werden die Teilnehmerinnen in den Kompetenzbereichen Koordinierung und Kommunikation (Recht, Verwaltung, Konfliktmanagement, Qualitätsentwicklung) sowie Pädagogik (Erziehung und Bildung, Gestaltung der Mittags-, Hausaufgaben- und Freizeit, Förderung und Beratung) geschult. Hinzu kommen umfangreiche Heimstudienaufträge. Am Ende steht eine mündliche Prüfung. Anbieter der Weiterbildung ist das Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft (bbw).Für jeden Schulungsblock kommt ein anderer Referent in die Tagungsräume des KolpingHotels – jeweils ein Experte für sein Gebiet.

Die erste Referentin für die Kolping-Mitarbeiterinnen ist Karin Schmutzler. Die Heilpraktikerin für Psychotherapie übernimmt die Unterrichtseinheit zu Förderung und Beratung. „Ist es in Ordnung, wenn wir uns duzen“, fragt sie in die Runde. Sie blickt jeden einzelnen sehr intensiv an. So lange, bis dieser nickt. Eine Methode, die direkt auf den schulischen Alltag zu übertragen ist: „Es geht in der Gruppe oft darum, aktiv zuzuhören und von jedem einzelnen ein Einverständnis einzuholen. Das geht über die Augen oder manchmal auch über eine Berührung.“ Sie legt der Teilnehmerin neben sich leicht die Hand auf den Arm. Sie ermutigt die Teilnehmerinnen: „Lernt den Kindern, Fragen zu stellen. Lernt selbst, Fragen zu stellen.“

Sie werden in den kommenden Monaten viel Gelegenheit dazu bekommen.

Stefanie Nowak
Anbieter der Weiterbildung ist das Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft (bbw). Die Firmenkundenberaterin Natalie Goller erläutert den Teilnehmerinnen den Ablauf.
Initiiert wurde das Angebot von Elisabeth Scheller, der pädagogischen Leitung des Kolping-Bildungszentrums Schweinfurt.
Michaela Greim (r.), Leitung vor Ort im Schulzentrum Hammelburg, wünscht sich neben fachlichem Input auch einen verstärkten kollegialen Austausch.
Hierfür ist nicht nur während der Unterrichtseinheiten, sondern auch beim gemeinsamen Mittagessen im Gasthaus HandWerk viel Raum.